EDMUND PIPER






Aroma Therapy | 2007 | 20 x 30 cm | Foto

Die Arbeiten Edmund Pipers sind ein voyoristischer Blick auf urbane Malaise:
Durch die Art der Inszenierung und der sich darüber ausdrückenden Distanz wird der Betrachter in das panoptische Zentrum gesellschaftlicher Konstruktionen von ’Unterschicht’ und ’Prekariat’ gebeamt:


Hier darf er Täter sein.


Hier fühlt er sich wohl.







Still | 2007 | 20 x 30 cm | photo

Teaser, These, Temperament


"Von kühlen Gründen und hohen Bergen": die Fotografien Edmund Pipers


Text von Thea Herold


Der Zufall wollte, dass ihm in einem ruhigen Moment jene poetischen Zeilen von "kühlen Gründen und hohen Bergen" vor die Augen kamen. Wie es eben so passiert bei Schreibtischen, auf denen Berge wachsen, ganze Landschaften aus Büchern, Zeitungen, Zetteln, Bildern, losen Papieren und sonstigem natürlichem Anflug. Im kleinen Gedicht Joseph von Eichendorffs war von jenem kühlen Grunde die Rede und von einem emsigen Mühlrad. Edmund Piper hat danach das Foto "Ami" gemacht. Gut hundert Kilometer nördlich von Berlin, wo er eine sprudelnde Quelle fand und jene Stimmung, in die ihn diese Verse brachten.


Doch egal ob der Berliner Edmund Piper Schatten der hiesigen Wälder oder in der Sonne auf der Zugspitze auf den Auslöser drückt - heimelige Naturbilder werden es nicht. Pipers Fotos sind absichtliche Inszenierungen. Und genauso gut absichtsloses Spiel vor digitalen Kameras mit realen Requisiten. Ganz leicht, in aller Ruhe in Szene gesetzt. Für Fotos, die wie angehaltenes Kino in Kopf funktionieren. Für Bild-Geschichten, mit Vorspann und Nachwort. Echos für urbane Stimmung in der Seele. Uralte Klischees werden dabei aufgerührt. Sex, Gier, Gaffen, Friede, Freude, Kartoffelsalat.








Ela | 2007 | 20 x 30 cm | photo

Piper haut in seinen Fotos gern mal aufs Böse, meint es aber irgendwie lieb. Er hat ein gutes Auge - aber er ist kein braver Sohn. Die perfekte Aufnahme will er am Ende gar nicht haben. Vielmehr sollen seine Nachtbilder und Tagträume ganz bewusst nach verwackeltem Schnappschuss aussehen, nach gepixeltem Zufall. Das liegt ihm im Naturell. Die Chancen der Camouflage sind dem Berliner gewusst. Man weiß ja, dass die Dinge oft ganz anders sind, als sie auf den ersten Blick erscheinen.


Pipers Galerist Andreas Wendt nennt die Serie trotzdem schon mal "Neuer Berliner Realismus". Des Ausdrucks wegen, der Abgrenzung wegen. Außerdem klingt's! Pipers Darsteller sind Männer oder Frauen, Partner oder Freunde, Mitspieler oder Models. Sie agieren an echten Orten, die privat und anonym bleiben, und die zum Teil bewusst an die intimen Szenebilder von Nan Goldin erinnern oder an die offenherzigen Nahaufnahmen von Richard Billingham.









Julia | 2007 | 30 x 20 cm | photo

Sie können aber ebenso aus der Matrix der Erinnerung kommen. Aus halbvergessenen Märchenbüchern, abgelegten Modeheften der Grunge-Ära oder aus zerschlissenen Comic-Heften. Egal. Man denkt, da arbeitet sich einer seinen privater Zoff mit dem visuell-dokumentarischen Mitteilungszwang von der Seele - gegen diese irrige Hoffnung, der Pseudo-Wahrheit von immer perfekteren Fotografien zu trauen.


Und wer ist das eigentlich, der sich quer durch alle Schubladen zwinkert? Edmund Piper (37) ist als Künstler noch gar nicht so lange am Fotografieren. Dabei ist er schon lange trainiert im Fach "Bewusst hinsehen". Man wusste von ihm, er hängt gerne Kunst an die Wände, und das kann er gut. Dann aber schrieb er Texte über Ausstellungen und kuratiert bis heute selber welche. Er stellte Bilder in der eigenen Wohnung aus -machte im Ausland die Erfahrung weiter und probierte sich als Galerist. Er war "umtriebig", wie es so heißt. Eine Eigenschaft, die man in der Berliner Kulturszene seit jeher gerne nutzt, aber nur selten schätzt.








Lena | 2008 | 40 x 30 cm | photo

Heute ist er ganz einfach der, "der den Kunstsalon macht." Denn Edmund Piper erfand dieses neue Format. Nannte es stoisch und mit unsagbarem Glauben an die Idee schlichtweg "messeähnlich" oder "kuratierte Ausstellung". Er setzte den Kunstsalon erst in der Treptower ARENA und dann im Wedding zeitgleich im Herbst der etablierten Kunstmesse Art Forum vor die Nase. Die Resonanz war erstaunlich. Guter Besuch, prima Stimmung, internationale Geschäfte. Obwohl: die Frage, ob sich der Kunstsalon "rechnet", die hatte Piper persönlich nicht im Programm. Vielleicht schrieb er deshalb auf seine Homepage als Motto "Einige werden die Welt retten" und firmiert als "Kunstvermittler von Gottes Gnaden". Das liest sich in aller Schlichtheit, als hätte er den Brief Paulus an die Korinther über dem Bett. Glaube. Liebe. Hoffnung.


Jedenfalls ging seine Idee auf. Den Berliner Kunstsalon wird es im Herbst zum fünften Mal geben. Und schon vor einem Jahr exportierte Piper seine Vision an den Rhein und nannte den kleinen Ableger bezeichnenderweise "Teaser". Das Wort wird ihm irgendwo aufgefallen sein, zugefallen oder im rechten Moment vom Schreibtischberg heruntergeschwebt. Denn es gibt ja am Ende doch keine Zufälle.







Maazi | 2007 | 30 x 20 cm | photo

Exhibitions:
2008
International Month of Photography Krakow/ Galleria FAIT (Krakau / Katalog)
MAIN PROGRAMME: BEING YOUNG
Tease Art Fair 2008 (Köln / Kunstmesse / Katalog)
Supermarket2008 (Stockholm / Kunstmesse / Katalog)
Wendt+Friedmann Gallerie (Berlin)
FOTO-SHOP, Galerie für Fotografie (Berlin)


2007
AA Galleries (London)
AA-Galleries (Berlin)
04. BERLINER KUNSTSALON (Berlin / Kunstmesse / Katalog)
Scotty Enterprises e.V. (Berlin)
Tease Art Fair 2007 (Köln / Kunstmesse / Katalog)
SUPERMARKET 2007 (Stockholm / Kunstmesse / Katalog)


2006
Galerie Weisser Elefant (Berlin)
indipendents BIENNAL LIVERPOOL (Liverpool)
Museum MAN (Liverpool)
Gruppenausstellung: Samuel Wiesemann,Edmund Piper
03. BERLINER KUNSTSALON (Berlin / Kunstmesse / Katalog)








Mary | 2008 | 40 x 30 cm | photo

2004
Intervention_02 / im öffentlichen Raum (Berlin) | es muss ruckzuck durch deutschland gehen
- in Zusammenarbeit mit Samuel Wiesemann
Intervention_01 / zur 3. berlin biennale (Berlin) | Schwarzfahrer zur Nacktperformance gezwungen !
- in Zusammenarbeit mit Andreas Engler


2003
Neues Problem (Berlin)
Gruppenausstellung: 'ART FORM' , im Rahmen des Beitrags der Projektgalerie Expo3000

more informations: www.piper.at






Mony | 2008 | 30 x 20 cm | photo











Sam | 2008 | 40 x 30 cm | photo











Konstantin | 2007 | 30 x 20 cm | photo