Kraftwerk
Tadeus Pfeiffer, Juni 1997


Das Wasser, die Berge und die Architektur - daraus entsteht durchaus folgerichtig das Thema: Kraftwerk. Martin Kasper belässt es bei der planen Ansicht, arbeitet nach Fotos, die er selbst aufgenommen hat, nimmt die Landschaft mit zu sich nach Hause in das Atelier. In der letzten Zeit sind grossformatige Gemälde entstanden, Tempera auf Leinwand vom Stauseegebiet am Grimselpass in dunkeltonigen, verhaltenen Farben. Man staunt über eine Malerei, die sich als Malerei und nur als Malerei versteht und trotz ihres ausdrücklich benannten Sujets darüber hinaus wohl kaum etwas anderes mitzuteilen versucht. Natürlich ist das reizvoll, fordert auch Widerspruch heraus und hat in diesem simplen dialektischen Verhältnis, dem gewählten Thema metaphorisch entsprechend, eine anregende, dynamisierende Wirkung.


Der Galerist Guillaume Daeppen versteht es überhaupt vortrefflich, dafür zu sorgen, dass die Geister sich scheiden - und damit, das Publikum zu eigenem Nachdenken - und Schauen und Betrachten - aufzufordern. Das beweist er nun schon seit Jahren mit einer nachgerade bewundernswerten Zähigkeit. In der Basler Galeristenszene spielt er damit ein weinig den Wurm im Beton. Dessen zartes, leises Pochen regt an. Die gegenwärtige Ausstellung Martin Kaspers liegt ganz auf der Linie dieses Galerienprogramms, indem sie tradierte Liebe und das (Selbst-) Verständnis moderner Malerei durchaus ein wenig in Frage zu stellen vermag. Noch völlig frei vom Art-Stress sei aber immerhin die Frage, die alte Frage nach den Qualitätsmassstäben gestattet. Wenn ein Maler einen See malt, sollte ich dann nicht auf den allersten Blick erkennen können, ob dieser voll ist oder ob es sich nur ums leere Becken handelt? Eine optische Täuschung jedenfalls ist nicht eingeplant.


Tadeus Pfeiffer
Basler Zeitung vom 10. Juni 1997