Die Queen sieht nicht wirklich amused aus, wie sie da in fahlen Licht an der Wand hängt. Skeptisch, beinahe verschlagen schaut sie aus den Augenwinkeln in den Raum und ärgert sich - wahrscheinlich über ihre Schneiderin, die ihr zu diesem Kostüm geratten hatte: Türkis, lächerlich! Das soll gut zur Krone passen? How can you be so tasteless! - Der zurückhaltende Witz dieses Bildes ist typisch für die Malerei von Sabine Wannenmacher, die zurzeit mit Katharina Pöpping und Anja Vollmer in der Basler Galerie Daeppen ausstellt. Er markiert in gewisser Weise das ironische, manchmal leicht trashige Ende dieses Trios, das gemeinsam an der Karlsruher Akademie / Aussenstelle Freiburg studiert hat, sich anschliessend für drei Monate zum Malen nach Genua absetzte und heute zusammen ein Atelier in Freiburg betreibt. Auch wenn alles danach klingt: Eine Künstlerinnengruppe sind die drei dennoch nicht. Eher könnte man sie als eine dreiarmige Produktionseinheit beschreiben, bei der die eine Hand zwar weiss, was die anderen tun, daraus aber nie eine gemeinsame Arbeit entsteht. Wie auch?
Während Sabine Wannenmacher retroimpressionistische Genremalerei ("Eisläufer") mit lakonischen Kommentaren über den Zusammenhang von Abstraktion, Figürlichkeit und Beautycase kreuzt ("Mädchen mit Gurkenmaske") und nebenan in Grossformat eine "Malmaschine" platziert, die Kippenberger kaum näher an den Abgrund kalkulierter Peinlichkeit hätte rücken können, verfolgen Katharina Pöpping und Anja Vollmer für sich ein klares und vergleichsweise dezentes Programm. So wirken die lichten Interieurs von Pöpping wie aus intimen Tagträumen entliehen, kurz bevor sie von den scharfen Konturen der Wirklichkeit überblendet wurden. Nur selten tritt eine Person in diese angenehme Atmosphäre des Dösens und bewegt sich dabei so selbstvergessen und flüchtig durch den Bildraum, dass man beinahe Angst hat, zu stören. Auch Anja Vollmer interessiert sich für Räume, entwickelt sie auf ihren Bilder jedoch in einem langwierigen Prozess des Übermalens. In pastellenen bis grellen Farben stürzen hier ganz Schwärme von Linien ineinander, bilden Strudel, Netze und Knäule oder überschreiben sich gegenseitig, bis sich in dem aufregenden Formengewirr bei längerem Schauen plötzlich verschiedene perspektiven öffnen. Immer neue Räume scheinen sich unter dem dünnen, fast transparenten Auftrag der Farbe ineinander zu schieben und entwickeln dadurch einen ungewöhnlich starken Sog, in dem nicht nur der Blick, sondern auch das Chaos, das hier an der Oberfläche herrscht, auf seltsame Weise zur Ruhe kommt.
Zugegeben, es it ein weiter Weg von diesen geschichteten Räumen bis zu Wannenmachers mürrischer Queen. Zu weit eigentlich, um diese drei Positionen in einer gemeinsamen Ausstellung zu zeigen, ohne dabei den leisen Verdacht der Beliebigkeit zu nähren. Dass die Zusamenschau dennoch funktioniert, hat seinen Grund aber ohnehin eher ausserhalb der Bilder: und zwar in der Projektion des sozialen Kontexts Freundschaft in den Galerieraum, unterfüttert von einem vagen Wir-Gefühl, das irgendwo zwischen Funny van Dannens Song "Freundinnen müsste man sein", dem neo-utopischen Kollektivismus von "Jeans Team" und dem ehemaligen NEON-Slogan "Eigentlich sollten wir erwachsen werden" zuhause ist. So gesehen gibt es nun also doch eine erste gemeinsame Arbeit: diese Ausstellung. Demnächst übrigens auch in Freiburg.
Dietrich Roeschmann
in regioartline | 9. März 2007