Sabine Wannenmacher in der Freiburger Galerie Foth
Die meisten ihrer Bilder, sagt Sabine Wanemacher, entstehen aus Geschichten, über die sie zufällig stolpert und die schon beim Straucheln in ihrem Kopf einen ganzen Schwarm an Bildideen freisetzen. Kürzlich zum Beispiel erzählte ihr eine Freundin einen Traum. Nicht sie selbst hatte ihn geträumt, sondern die Mutter ihrer Chefin. Bei einem Spaziergang auf dem Meeresgrund war diese plötzlich auf einen Haufen Sperrmüll gestossen. Irgendjemand hatte den Plunder dort akkurat zwischen den Algen platziert: eine alte Matratze, ein Gartenstuhl, ein Paar abgewetzte Pantoffeln in einem kaputten Wischeimer ein seltsam alltägliches Stilleben in den Tiefen des Meeres.
Sabine Wannenmacher hat diese um mehrere Ecken kolportierte Traumsequenz gleich in Malerei übersetzt. „Mondfisch im Mittelmeer“ heißt die Arbeit, die zurzeit in einer kleinen, charmanten Soloschau der Künstlerin in der Freiburger Galerie Foth zu sehen ist. Was sie vorführt, ist das fröhliche Scheitern der linearen Form, wenn sich der Inhalt Haken schlagend ins Reich des Unbewussten verabschiedet. Eigentlich, sagt Wannenmacher, habe sie ihr Bild als Diptychon konzipiert. Doch dann wurde der Platz plötzlich knapp, der Traum produzierte immer neue Ideen und wucherte schließlich über den Bildrand hinaus auf weitere Leinwände unterschiedlicher Größe, die sie Stück für Stück aneinander nagelte, bis der letzte Keilrahmen in ihrem Atelier verarbeitet war.
In der Galerie nimmt diese Unterwasserwelt nun eine komplette Wand ein als Patchwork aus ungegenständlichen Kleinformaten, die erst in ihrer Summe den monströsen Leib eines Fisches zeigen, der sich behäbig durch ein farbenfrohes Dickicht aus Korallen, Kleinfischschwärmen und gestapeltem Mobilar schiebt. Wannenmacher setzt damit nicht nur die Slapstick-hafte Dramaturgie eines skurillen Traums ins Bild, sondern auch den Prozess des Malens selbst. Der ständige Wechsel zwischen mikroskopischer Kleinteiligkeit und großflächiger Vermessung des Bildraums, mit dem sie hier die Möglichkeiten der Malerei austestet, drängt konsequent zur Auflösung des Bildrahmens. Die Szene diffundiert in den Raum, wird anschlussfähig für die absurdesten Wendungen der Fantasie.
Eine ähnlich offene Versuchsanordnung zeigt Wannenmacher auch im zweiten Raum ihrer Ausstellung. Die Vorlagen für die rund fünfzehn Kleinformate, die sie entlang der Fliehkraftlinie eines imaginären Wirbels über die ganze Wand verteilt hat, sind Fundstücke aus Musikzeitschriften, Taucherbüchern und Kunstbänden: E.T. trifft auf das Ungeheuer von Lochness, ein Heavy-Metal-Pärchen im Iron-Maiden-Partnerlook auf die steinernen Köpfe der Osterinseln, zwei Astronauten beim Tauchtraining auf den berühmten Formaldehyd-Hai von Damien Hirst. Die halsbrecherische Kollision großer und kleiner Mythen, die Wannenmacher hier inszeniert, sorgt für einen wahren Funkenregen an Assoziationen, die sich zu immer neuen, witzgen Erzählungen über den inneren Zusammenhang von Banalität und Größe verketten.
Dietrich Roeschmann
in regioartline vom 5. November 2008