Dynamische Drehungen


Martin Wehmer Grossformate in der Galerie Daeppen


Kräftige Farben, implodierende Kreise: Der Freiburger Maler Martin Wehmer lässt die Leinwand rotieren.


Dem Kreis, altes Symbol der Vollkommenheit und des Schönen, wurde in den vergangenen vielleicht 150 Jahren Kunstgeschichte zunehmend Skepsis entgegengebracht. Unter den Bedingungen der Moderne schien ein vollkommener Kreis kaum länger abschliessbar.


Vor einigen Jahren hat der Freiburger Martin Wehmer den Kreis, oft verdichtet zur Scheibe, zum dominierenden Element seiner abstrakten Malerei gemacht. Und auch diese Kreise bleiben, mit seltenen Ausnahmen, unabgeschlossen, Fragment. Uebereinandergeschichtet beschneiden sie sich gegenseitig oder brechen unvermittelt ab. Das ist zumindest, was wir auf der Bildoberfläche sehen.


Riesig. Mag sein, dass der Künstler die Linien mit seinem Zirkel jenseits des Bildrandes fortführt, vielleicht unsichtbar vollendet. Mag sein, dass er dies mit einer gewissen Melancholie über die Undarstellbarkeit des harmonischen Ganzen tut, an welcher nicht einmal seine immensen Bildformate etwas ändern können.


Aber da ist neben der geometrischen Form auch noch die Farbe, die mit ihrer pastosen Präsenz und ihrer leuchtenden Energie purre Sinnlichkeit versrpüht und sich als affirmatives Moment der Lust zu den formalen Brüchen gesellt. Im entschiedenen Ins-Bild-Setzen der Farbe liegt das Hauptstatement dieser Gemälde. Dabei sind die neusten Arbeiten geprägt von frischen Grüntönen, zur Oelfarbe hinzu kommen Experimente mit fluoreszierender Sprühfarbe.


So thematisiert Wehmers Malerei Farbe und Form, Fläche und Raum, Tempo und Break, rationale Konstruktion und intuitive Expression. Die in seinen jüngsten Werken noch konsequenter als bisher inszenierte Aufsprengung der Kreisform akzentuiert eine abstrakte Bildaussage, die Schöpfung neben Zerstörung, Hoffnung neben Verzweiflung stellt.


Adrian Aebi


in Basler Zeitung von 6. Oktober 2005